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Blut- vs. Speicheltest

Wenn es um unsere Hormon- und damit auch Zyklusgesundheit geht, stellt sich die Frage, ob wir diese dem Zufall überlassen wollen. Für mich war klar, dass ich das nicht möchte, sondern meine Gesundheit selbst in die Hand nehmen möchte. Doch wie weiss Frau, wo sie beginnen soll, was sie braucht und wie sie am besten vorgeht? In der heutigen Gesellschaft ist eine Fülle an Informationen erhältlich. Teilweise so viel, dass gar nicht mehr unterschieden werden kann, welches fundierte Informationen sind und welche nicht. Erschwerend kommt hinzu, dass nicht alle Informationen gleichermassen auf alle Menschen zutreffen. Was meine Freundin, Arbeitskollegin, Schwester, Mutter, Nachbarin oder Influencerin in den sozialen Medien unternimmt, um ihre Hormon- und Zyklusgesundheit zu unterstützen, muss nicht zwingend auch der beste Weg für mich sein. Wir sind komplexe individuelle Wesen mit einzigartiger Zusammensetzung und benötigen unterschiedliche Dinge in unterschiedlichen Momenten.

Kürzlich hat mir eine Frau berichtet, dass sie im Verlauf ihres Zyklus‘ regelmässig unter wiederkehrenden Stimmungstiefs leidet, aus welchen sie sich jeweils mühsam herauskämpfen muss. Sie pflegt bereits was man als einen gesunden Lebenstil bezeichnen könnte: Sie betätigt sich regelmässig körperlich, achtet auf eine ausgewogene Ernährung, nimmt keine Genussgifte wie Nikotin oder Alkohol zu sich, achtet auf ihre Koffein-Einnahme, schläft genügend, pflegt ein Sozialleben, hat eine positive Lebenseinstellung und verbringt viel Zeit draussen an der frischen Luft oder in der Natur. Man könnte fast denken „Sie macht doch alles richtig, da dürften keine Stimmungsschwankungen auftreten!“. Und doch entsteht wiederholt ein Leidensdruck. Bei mir selbst war es ähnlich und ich hatte gefühlt schon alles ausprobiert. Bis ich mit meinem Naturheilpraktiker zu arbeiten begann und dieser mir als erste Massnahme vorschlug, meine Hormone genauer unter die Lupe zu nehmen. Sein Ansatz war und ist weiterhin jener: „test, don’t guess“. Es war das erste Mal, dass ich nicht den „Trial and Error“-Weg nahm – Dinge ausprobierte und schaute, ob sich dadurch etwas verändert -, sondern ZUERST überprüfte, wie es in meinem Körper eigentlich aussah und daraus dann GEZIELTE MASSNAHMEN ableitete. So liess ich meine Hormone testen, sowohl über’s Blut wie auch über den Speichel. Warum beides und was ist der Unterschied?

Blutuntersuchung

Die weiblichen Sexualhormone wie Östrogen, Progesteron und Testosteron werden standardmässig über’s Blut untersucht. Im Blut kann die Gesamtmenge der vom Körper produzierten Hormone geprüft werden und dadurch eine hormonelle Momentaufnahme gemacht werden. Über 95% der weiblichen Sexualhormone sind jedoch durch sogenannte Bindungsproteine gebunden und stehen den Zellen deshalb nicht frei zur Verfügung. Es ist also nur ein Teil des Ganzen!

Speicheltest

Im Vergleich zu einem Bluttest, eignen sich Speicheltests zur Untersuchung der Hormone besonders, um Dysbalancen im hormonellen System zu erkennen, da nicht nur auf die Gesamtmenge der Hormone im Körper, sondern auch auf deren Verhältnisse untereinander geachtet wird. So kann es zum Beispiel sein, dass sich im Bluttest eine ausreichende Menge an Hormonen zeigt, obwohl ein Missverhältnis unter den einzelnen Hormonen vorliegt. Zudem kommen im Speichel im Vergleich zum Blut keine Bindungsproteine vor, weshalb mittels Speicheltest die Menge an Hormonen bestimmt werden kann, die tatsächlich biologisch aktiv ist und damit für die Zellen zur Verfügung steht.

Leider kenne ich viele Frauen, die aus ärztlichen und gynäkologischen Praxen kommen mit irgendeiner Form von Hormonbehandlung, die lediglich auf einem kurzen Gespräch über Symptome basiert. Teilweise wurde ein Bluttest durchgeführt, doch ich kenne keine Frau in meinem unmittelbaren Umfeld, bei der ein Speicheltest gemacht wurde. Oftmals stösst Frau sogar auf Widerstand, wenn sie in der Praxis um einen Speicheltest bittet. Meines Erachtens liegt das daran, dass die Ärzt*innen und Gynäkolog*innen selbst viel zu wenig über Speicheltests und deren Wirkungsweise sowie Chancen wissen, da diese in keiner Weise Bestandteil der Ausbildung darstellen.

Als ich vor mehreren Jahren aufgrund meines eigenen Leidensdrucks (siehe hierzu auch Meine Geschichte) mein Blut mittels Standardtestung untersuchen liess, konnte das Resultat meine Symptome (v.a. Akne im Gesicht, dem Dekolleté, den Oberarmen und Rücken) nicht vollständig erklären. Erst der Speicheltest brachte Licht ins Dunkle und es zeigte sich, dass mein Progesteron viel zu niedrig und mein Progesteron/Östradiol-Quotient vermindert war. Durch das erniedrigte Progesteron herrschte ein hormonelles Ungleichgewicht und mein Körper reagierte sensibler auf Testosteron. Testosteron kann die Ölproduktion der Talgdrüsen erhöhen und damit kann Öl in den Poren verschlossen werden, was zu Ausbrüchen der Haut führen und somit auch meine Hautprobleme erklären konnte. Entsprechend wurde klar, dass ein Weg zu meiner persönlichen Zyklusgesundheit beinhaltete, Progesteron in meinem System zu erhöhen. In einem zweiten etwas spezifischeren Bluttest liess ich mein SHBG (= Sexualhormon-bindendes Globulin) prüfen. Dies ist ein Protein, das die männlichen und weiblichen Sexualhormone Testosteron und Östrogen im Blut bindet und damit den sogenannten „freien“ Hormonanteil zeigt, also der Teil der Hormone, der biologisch aktiv ist. Mein SHBG war laut Bluttest zu hoch ausgeprägt. Dies hat sich ebenfalls auf mein Hormongleichgewicht ausgewirkt und dafür gesorgt, dass meine Hormone nicht so verteilt waren und arbeiten konnten, wie das in einem ausbalancierten Zustand möglich wäre.

Das umfassendste Bild erhält Frau entsprechend, indem sie BEIDES untersuchen lässt; sowohl das Blut wie auch den Speichel. Beide Untersuchungen zusammen ergeben am ehesten ein ganzheitliches Bild der Situation, ermöglichen eine zielgerichtet Intervention und verhindern blindes Behandeln.

Quelle: Burkhardt & Friesenbichler (2021). Tanz mit den Hormonen. Natürliche Alternativen für Ihre innere Balance. VdÄ Verlagshaus der Ärzte.

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